Aug 08 2010
Wien
Anders als in den vergangenen Jahren, hatten wir uns in diesem Jahr zu einer spontanen Reiseplanung entschieden. Wenige Tage vor Urlaubsbeginn wurden mehrere mögliche Ziele in die Lostrommel geworfen. Zur Auswahl standen eine Tour über Belgien nach Paris, „irgendwas in Skandinavien“ und Wien. Da wir leider nur eine Woche Zeit hatten, war Paris auf Grund der Entfernung leider frühzeitig aus dem Rennen. Im Norden waren wir in diesem Jahr schon einmal – blieb also Wien. „Wien?“ – werden jetzt vielleicht einige fragen. Kein Strand, keine Berge, teures Pflaster und „Ösis“ – so toll kann doch ein Urlaub in Wien gar nicht sein. Mag sein, dass auf den ersten Blick gar nicht so viel für Wien als Urlaubsziel spricht. Hinzu kommt, dass derjenige, der heutzutage einen „gesellschaftsfähigen“ Urlaub vorzeigen möchte, mindestens in einem Flieger gesessen haben sollte. Ein guter Urlaub wird heutzutage leider viel zu oft mit „möglichst weit weg“ assoziiert, obwohl man in der näheren „erfahrbaren“ Umgebung durchaus noch das eine oder andere interessante Fleckchen Erde finden könnte. Mein ganz persönliches Hauptziel dieser Reise nach Wien war, die Wiener (also nicht die Würste, sondern die Einwohner der Stadt Wien) persönlich kennenzulernen und das nicht nur in Deutschland immer wieder auftauchende Vorurteil, dass Wiener eine selten anzutreffende Fülle an schlechten Eigenschaften (eingebildet, unfreundlich…) in sich vereinen, näher zu untersuchen.
Wien gilt gemeinhin speziell für Touristen als teure Stadt. Vor allem bei den klassischen Sehenswürdigkeiten scheint man sich darauf spezialisiert zu haben, möglichst viele Einnahmequellen zu nutzen. Wer sich jedoch im Vorfeld informiert, kann durchaus sparen. Besonders hervorzuheben ist dabei die Wien-Card. Die Kosten von 17,50 Euro rentieren sich schon fast, wenn man bedenkt, dass man 72 Stunden kostenlos mit den öffentlichen Verkehrsmitteln fahren kann. Hinzu kommen zahlreiche Vergünstigungen für eine Vielzahl von Sehenswürdigkeiten. Außerdem kann man oft Eintrittskarten miteinander kombinieren. Eine gute Planung schont den Geldbeutel. Wo wir schonmal bei den öffentlichen Verkehrsmitteln sind. Besonders durch die U-Bahn, die im 5-Minuten-Takt durch die Stadt braust, kommt man unglaublich schnell von A nach B. Straßenbahnen und öffentliche teilweise praktisch kostenlos nutzbare Drahtesel (Stationen gibts an vielen U-Bahn-Stationen) komplettieren den guten Eindruck vom Wiener Stadtverkehr. Für die Wahl des Hotels heißt das, dass es gar nicht so wichtig ist, in einem teuren Hotel in der Innenstadt unterzukommen. Ein preiswertes U-Bahn-Station-nahes Hotel in einem Randbezirk ist durchaus vertretbar.
Die in Wien vorzufindende Architektur ist leicht zu beschreiben: Von den Stilen aller Epochen und Gegenden Europas ist etwas zu finden. Manchmal vergisst man, dass man sich in Wien befindet und es kommt einem sehr viel südlicher vor. Vor allem die barocken Gebäude und Gartenanlagen der Kaiserzeit beeindrucken durch ihre Gigantomanie. Gut anzuschauen sind auch die unzähligen Gebäude der Gründerzeit, die mich ein wenig an die Innenstadt von Görlitz erinnert haben.
Sehr sehenswert und ein Pflichttermin für jeden erstmaligen Besucher Wiens ist das „Hundertwasser-Krawinahaus„. Fiedensreich Hundertwasser war ein Architekt, der nicht viel von Wasserwaage und Lot hielt. Sein Architekturstil ist einmalig und immer wieder überraschend. Obwohl man jedes von Hundertwasser entworfene Haus auf den ersten Blick erkennt, ist es doch immer wieder erstaunlich, wie er seinen ihm eigenen Stil umsetzt. Ich hätte stundenlang vor dem Haus stehen und aus allen möglichen Perspketiven fotografieren können.
Wo wir schon einmal bei Architektur sind. Interessant auch, was man aus einem ehemaligen Flak-Turm aus dem 2. Weltkrieg gemacht hat. Während man diese Zeitzeugen der Geschichte in anderen europäischen Großstädten mit viel Mühe weggesprengt hat, hat man die massiven Bauwerke mitten in Wien stehen gelassen. Im Augarten kann man zwei dieser Ruinen in einem beeindruckenden Umfeld betrachten. Mehrere tausend Tonnen massiver Beton inmitten einer gepflegten Parkanlage. In einem weiteren Flak-Turm hat man das „Haus des Meeres“ untergebracht:
Mehrere Aquarien, Terrarien und eine Tropenanlage beherbergen viele interessante Tiere. Besonders mit das 300.000 Litern größte Aquariumbecken Österreichs ist beeindruckend. Ich empfehle, nicht auf die wöchentlich stattfindende Haifischfütterung zu warten. Zu diesem Zeitpunkt ist es einfach zu überfüllt, als das es sich lohnen würde. In der Tropenanlage befinden sich mehrere freilaufende Tiere. Dort habe ich meinen ganz persönlichen Freund kennengelernt. Ein Toko – genau gesagt der Östliche Gelbschnabeltoko – auch „Flying Banana“ genannt. Warum der Piepmatz so heißt, kann man ganz gut an folgendem Foto erkennen:
Der kleine Racker kam ohne Scheu herangehüpft, und interessierte sich für mein Kamera-Equipment. Diese Neugier habe ich mir gleich zu Nutze gemacht, um ein paar schöne Fotos zu machen. In der Annahme, dass ich einen besonders guten Draht zu diesem Toko hätte, stolzierte ich vor den anderen Besuchern mit vor Stolz geschwellter Brust umher und genoss ihre neidischen Blicke. In Wirklichkeit ist dieses Verhalten für einen Toko nicht ungewöhnlich. Ohne Scheu stehen diese Vögel gern im Mittelpunkt und beknabbern mit ihrem riesigen Schnabel alles, was sie zu fassen kriegen.
Wenn man in Wien Urlaub macht und mal was anderes sehen will, bietet es sich an, einen Abstecher ins Nachbarland Slowakai zu machen. Die Hauptstadt Bratislava liegt nur 60km von Wien entfernt und ist somit gut in einem Tagesausflug zu erkunden. In der dortigen Touristeninformation habe ich mich mit der Frage nach dem aktuellen Wechselkurs gleich unbeliebt gemacht. Selbstverständlich hat die Slowakai bereits seit 2009 den Euro und selbstverständlich müsste man das eigentlich wissen… Bratislava sieht aus der Ferne betrachtet richtig hässlich aus. Graue Einheitsbauten so weit das Auge reicht. Ist man dann erstmal in der Altstadt angekommen, wird man positiv überrascht sein. Da Bratislava im zweiten Weltkrieg weitestgehend verschont blieb, kann man heute teilweise komplette mittelalterliche Straßenzüge in bestem Zustand bestaunen. Neben der Bildungslücke, dass die Slowakai mittlerweile auch in Euronen rechnet, war uns auch nicht bekannt, dass auf den Autobahnen Vignettenpflicht besteht. Kurz vor der österreichischen Grenze kam es dann auch wie es kommen musste – ein Slowakischer Polizist winkte uns an den Fahrbahnrand und klärte uns auf. Meine verzweifelten Erklärungsversuche, dass wir uns verfahren hätten, beantwortete er mit einem breiten Grinsen. In gebrochem Deutsch schlug er vor: Maximum: 100 Euro…Minimum: 40 Euro…was wollen sie zahlen? Wir entschieden uns ohne weitere Diskussionen für den geringeren Betrag.
Alles in allem – trotz des sehr wechselhaften Wetters – ein gelungener Urlaub.
4 Kommentare zu “Wien”
..in anbetracht der am anfang genannten voruteile, muss ich (44j,wiener) einiges klarstellen:
wien ist die „tollste“ stadt- also warum nicht dort urlaub machen? millionen touristen machen das jährlich?
http://www.welt.de/vermischtes/article3652873/Warum-Wien-die-tollste-Stadt-der-Welt-ist.html
wien ist im vergleich zu paris, madrid und anderen städten eigentlich billig.
natürlich gibt es hie und da ausreisser- aber im grossen und ganzen sind die preise normal.
man wird nirgendwo , wie in den süd/ost-ländern üblich , abgezockt (taxi, speisen,etc..)
aber sonst ist dein bericht 1a, kompliment!
Schöner Artikel, den du da verlinkt hast.
Toller Bericht,jedoch unzutreffend!
Die Wiener sind unfreundlich,agressiv,vulgaire und Deutschfeindlich.
Diese Erfahrung macht man erst,wenn man einige Jahre hierlebt.
Schöner Bericht. Wien steht auch auf meiner Städteliste weit oben. Vielleicht nächstes Jahr.
Das mit der Wien-Card kann ich nur unterschreiben, gibt es aber so ziemlich in jeder bedeutenderen Stadt. Ich hatte so ein Teil in Paris, Barcelona, London und auch Lissabon. Da kann man echt enorm sparen.