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Feb 13 2007

Hat jemand mal einen Eimer Seifenlauge…

Kategorie Dies & Das

…zur Hand…ich muss mir unbedingt dieses widerwärtige Gefühl aus dem Rachenraum rauswaschen, was mich derzeit im Zuge der Diskussion um „Online-Durchsuchungen“ und „Bundestrojaner“ übermannt.

Da fordern Politiker und sogenannte „Experten“ der sogenannten „Ermittlungsbehörden“ das verdeckte Ausspähen von Daten über das Internet ohne richterlichen Beschluss zu erlauben. Der kleine Michel, der angesichts der auch ihm offensichtlich erscheinenden Beschneidung seiner Privatsphäre Protest anmeldet, wird mit dem Argument beruhigt, dass doch nur böse Menschen (also ungefähr 0.01%, also lediglich 82.310 Bundesbürger) etwas zu befürchten haben. Und böse Menschen sind heute vor allem Terroristen, die sich laut Bundeskrimanalamt heutzutage vor allem über das größtenteils auch böse Internet ihre bösen Taten planen. Auch Hausdurchsuchungen seien ja in der heutigen Gesellschaft akzeptiert. Klar sind sie das! In dem Fall soll ja auch vor der Durchsuchung irgendein Richter mit dem Kopf nicken und seine drei Kreuze unter ein entsprechendes Papier setzen. Bei der Online-Durchsuchung besteht natürlich die Gefahr, dass die bösen Menschen dadurch die Möglichkeit bekommen, die bösen Daten auf der Festplatte im letzten Moment zu löschen. Darum möchten die Ermittlungsbeamten gern ohne einen Durchsuchungsbefehl in den Daten Verdächtiger stöbern dürfen. Und alles nur weil der böse Teil unserer Gesellschaft so neuartige technische Möglichkeiten wie Computer und Internet nutzen soll und außerdem einiges von dieser Technik versteht.

Aha…soso…ich glaube es hackt!

Auch ich verstehe ein bißchen was von diesem Teufelszeug. Falls das Internet nutzende Kriminelle nur einen Bruchteil meines Verständnisses für die technischen Möglichkeiten dieses Mediums besitzen sollten, werden sie sich in Zeiten von alternativen Betriebssystemen, Browsern und Mailprogrammen bzw. Firewalls und Virenscannern angesichts dieser Forderungen ins Fäustchen lachen. Unter uns: bereits der „halbwegsinteressierte gemeine Internetnutzer“ sitzt heute am längeren Hebel und hat durchaus Möglichkeiten, seine Privatsspähre nicht nur vor den bösen Viren und Trojanern, sondern auch vor dem guten Bundestrojaner zu schützen. Somit sollte es auch dem kriminell interessierten Internetnutzer nicht unmöglich sein, sich vor diesen „zusätzlichen Gefahren“ zu schützen.

Das der „Bundestrojaner“ in technischer Hinsicht ausgemachter Blödsinn ist, sollte nun jedem bewußt sein. Aber hier geht es ums Prinzip. Wegen 0.01% der Gesellschaft die Privatssphäre des braven Bürgers einzuschränken, ohne auch nur den geringsten Nutzen daraus zu ziehen ist einfach Unfug! Wir laufen Gefahr, uns im Zuge dieser windigen Diskussion um die Sicherheitslage in Deutschland mit derartigen Aktionen selbst ans Bein zu pinkeln.

Für mich stellt sich nun die Frage, warum sich Politiker trotz dieser, meiner Meinung nach auch für Laien, offensichtlichen Fehlinterpretation der Gesamtsituation für ein derartiges Gesetz mit folgenden Argumenten einsetzen:

Ein solches Mittel ist unerlässlich, weil wir sonst eine erhebliche Ermittlungslücke bei der Strafverfolgung haben. (Wolfgang Bosbach, CDU)

Wir müssen mit dem technischen Fortschritt Schritt halten können, wenn skrupellose Kriminelle ins Internet ausweichen und dort ihre Anschlagsplanung, ihre kriminelle Handlung vorbereiten. (Jörg Ziercke, BKA-Chef)

Ich kenne und respektiere die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Schutz der Privatsphäre. Aber wir müssen auch sehen, dass dieser Schutz in der Alltagswirklichkeit praktikabel bleibt. Verbrecher und Terroristen sind klug genug, so etwas auszunutzen. (Wolfgang Schäuble, Bundesinnenminister, CDU)

Nein, ich komme in keinen Computer rein, ich weiß auch kaum, wie die Polizei das macht. Ich weiß gerade mal so, was ein Trojaner ist.(Wolfgang Schäuble, Bundesinnenminister, CDU)

Da fällt mir nur noch der in Foren beliebte Spruch: „Wenn man keine Ahnung hat, einfach mal Fresse halten!“ ein.

Wird der nächste Schritt womöglich der sein, dass sich Politiker fragen, warum eine Online-Durchsuchung ohne richterliche Verfügung möglich ist, aber eine klassische Hausdurchsuchung nicht? Werden wir dann bei der Gelegenheit auch gleich komplett auf unsere Privatssphäre verzichten dürfen, und den Ermittlungsbehörden treudoof Haus&Hof zum Zwecke der Terrorabwehr überlassen müssen? An dieser Stelle läuft mir nur noch das Wasser kalt über den Rücken in die Ritze und ich denke unweigerlich an das Ermächtigungsgesetz, welches zu Zeiten der Weimarer Republik in deren Krisenjahren für Recht und Ordnung sorgen sollte. Wohin es geführt hat dürfte bekannt sein. Oh…Nein…ich habe am 13. Februar einen bösen Vergleich zum Dritten Reich gezogen…und außerdem neulich über „Mein Führer“ gebloggt…herzlich willkommen Bundestrojaner, schau dich nur um!

3 Kommentare

3 Kommentare zu “Hat jemand mal einen Eimer Seifenlauge…”

  1. zappiam 13. Feb 2007 um 18:52 Uhr

    Dieser Gedanke mit dem aufweichen der StPO ist mir auch schon vor einiger Zeit gekommen. und der Trend geht auch dahin, dass ich mit meinen Befürchtungen nicht ganz falsch liege.

  2. Carstenam 09. Jan 2008 um 07:51 Uhr

    Wie DU schon sagtest „Wer keine Ahnung hat einfach mal die Fresse halten“

  3. blechkoppam 09. Jan 2008 um 09:40 Uhr

    @Carsten:
    Wie jetzt? Die Tragweite des Problems trotz meiner ausschweifenden Darlegungen nicht kapiert? Vielleicht liegts ja an der doch recht frühen Tageszeit!? 😉

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